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Das historische Harzwerk Markt Piesting hat eine neue Heimat gefunden. Besser gesagt: Das historische Harzwerkmodell. Es ist selbst ein besonderes Zeugnis alter Zeiten, denn hergestellt wurde es in den Werkstätten der ehemaligen Harzgenossenschaft Piesting. Nach einem langjährigen Dornröschenschlaf wurde das 3 Meter lange 3D-Modell wieder reaktiviert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Anlässlich des Jubiläums „10 Jahre immaterielles Kulturerbe Pecherei und Köhlerei“ wurde das sehenswerte Modell der Harzfabrik im Frühjahr 2022 sorgfältig zerlegt und vom Verein „Die KEAföhrenen“ für eine befristete Sonderausstellung im Rathaus wieder aufgebaut und mit weiteren Ausstellungsstücken zur Harzgewinnung und -verarbeitung präsentiert.

„Viel zu schade, um wieder in den Keller gebracht zu werden“ befand nicht nur Gerhard Kogler, Obmann der KEAföhrenen. Also wurde ein würdiger Platz gesucht, an dem das große Modell dauerhaft bewundert werden kann. Und bald war tatsächlich ein würdiger Ausstellungsplatz für das großartige Stück gefunden: Im Waldbauernmuseum Gutenstein wird das Piestinger Leihobjekt künftig ins rechte Licht gerückt.

Seit der Industrialisierung war das „Piestinger Harzwerk“ mit rund 7.000 Beschäftigten (1960) über Generationen Lebensgrundlage als Haupt- oder Nebeneinkommen vieler Familien. Pecher aus dem ganzen südlichen Niederösterreich lieferten ihren mit harter Arbeit gewonnenen Rohstoff Harz zur weiteren Verarbeitung in die große Harzraffinerie in Markt Piesting. So haben bis heute viele Familien in der Region eine Beziehung zum traditionellen Handwerk der Pecherei.

Die Pecherei in Niederösterreich ist seit 2011 von der Österreichischen UNESCO-Kommission in der nationalen Liste als immaterielles Kulturerbe gelistet.

Über 50 unterschiedliche Produkte wurden früher im Harzwerk erzeugt und zum Teil weit über die Grenzen hinaus von der Vertriebsfirma PINOSA vermarktet. Von der klassischen Pechsalbe, dem uralten Hausmittel, über Schmierstoffe, Kosmetikartikel, Schuhcreme, Lacke und Farben, bis zu Kühlmitteln und sogar Zusatzstoffe für Straßenbeläge reichte die Produktpallette mit dem Schwarzföhrenharz unserer Föhrenwälder als gefragten Grundstoff.

Billigimporte und der Siegeszug von Chemikalien auf Erdölbasis verdrängten Ende der 1960er-Jahre die bis dahin unentbehrlichen Naturprodukte, bis die Harzgenossenschaft Piesting letztlich in den 1970er-Jahren endgültig geschlossen werden musste.

Nach wie vor sind viele Erzeugnisse aus dem Baumharz unersetzlich. Am bekanntesten ist das Geigenharz, das aus dem Schwarzföhrenpech im südlichen Niederösterreich hergestellt wird und weltweit die Geigen der berühmtesten Orchester erklingen lässt.

Der Trend zu alternativen Rohstoffen lässt nun auch die Nachfrage nach dem heimischen Schwarzföhrenharz wieder steigen und so gibt es sogar wieder einen hauptberuflichen Pecher und zahlreiche Naturprodukte werden wieder aus dem Pech der Schwarzföhren auch von Kleinproduzenten nach alten Rezepten hergestellt. Weitere interessante Infos kann man auf der Homepage der „KEAföhrenen“ unter www.keafoehrene.at nachlesen. Dort erfährt man auch die Öffnungszeiten und Veranstaltungen des Waldbauernmuseums Gutenstein.

Das Heimatmuseum in Markt Piesting bietet nach wie vor viele – sonst nirgends vorhandene – originale Erinnerungsstücke aus der Zeit, in der die Harzgenossenschaft Piesting das Leben in unserer Gemeinde weitgehend beeinflusst hat.
Eine bunte Vielfalt stellt auch die umfangreiche Sammlung historischer Gegenstände des alltäglichen Lebens dar. Und zu jedem Stück weiß der Mitbegründer des Heimatmuseums Franz Vukovich eine besondere Geschichte zu erzählen.
Für eine kompetente Führung durch das sehenswerte Museum in Markt Piesting, das sich im Rathaus befindet, kann man sich jederzeit telefonisch anmelden unter 0699 190 823 34.

Fotos und Text: Gerhard Kogler